EndoProthetikZentrum mit eigener septischer Abteilung
Foto: Andreas Lander/Pfeiffersche Stiftungen Orthopädie

EndoProthetikZentrum mit eigener septischer Abteilung

 
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Im septischen Department der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Pfeifferschen Stiftungen werden Entzündungen rund um den Bewegungsapparat gezielt therapiert. Erst nach einer genauen Identifizierung des verursachenden Erregers wird das passende Antibiotikum eingesetzt.
Text: Kathrain Graubaum

Dr. med. Tobias Goldbach hat den sinnvollen Einsatz von Antibiotika zu seinem Handlungsleitfaden gemacht: »… damit die Leute nicht an banalen Infektionen sterben, weil sie Resistenzen entwickelt haben.«

Tobias Goldbach ist Oberarzt der septischen Abteilung in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Klinikum der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg. Sachsen-Anhalts größte Klinik dieses Faches ist als ›EndoProthetikZentrum der Maximalversorgung‹ zertifiziert. Das bedeutet: Die Klinik erfüllt alle qualitätssichernden Maßnahmen auf dem Gebiet der Versorgung mit künstlichem Gelenkersatz. Jährlich werden hier bis zu 1.500 Prothesen eingesetzt. »Deutschlandweit bekommen ein Prozent der Patienten nach solch einer Operation eine akute Infektion. Das spiegelt sich auch bei uns wider«, sagt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.

»… damit die Leute nicht an banalen Infektionen sterben, weil sie Resistenzen entwickelt haben.«

Seit 2021 bauen Dr. Goldbach und sein Team die septische Chirurgie als eigenes Department in ihrer Klinik auf, um Patienten mit infektiösen Erkrankungen rund um den Bewegungsapparat spezialisiert und optimal zu behandeln. »Wir wollen zudem die infektiösen Komplikationen – etwa nach orthopädischen bzw. traumatologischen Eingriffen von der operativen Knochenbruchbehandlung bis zur Wirbelsäulenoperation – hier am Ort konzentrieren, um sie kompetent zu versorgen«, sagt der Oberarzt und betont in diesem Zusammenhang die Therapie mit einem zielgerichteten Antibiotikum. In seiner septischen Abteilung wird zu diesem Zweck der Fokus darauf gelegt, den Erreger der Entzündung genau zu bestimmen.

Schon während des Studiums, sagt Tobias Goldbach, habe er sich besonders für die Immunologie interessiert. Die medizinische Fachrichtung ›Orthopädie und Unfallchirurgie‹ stand für ihn nach dem Zivildienst in einer Berliner Klinik fest. Das Medizinstudium an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beendete er 2014 als bester Absolvent. Wegen seiner guten Leistungen hatte er während des Studiums ein Deutschlandstipendium erhalten. Nach kurzer Zeit als Assistenzarzt am Magdeburger Universitätsklinikum in der Allgemein- und Viszeralchirurgie kam er 2015 ans Klinikum der Pfeifferschen Stiftungen und absolvierte hier die Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Eine Gelegenheit, seine Fachrichtung mit seinem Interesse für Immunologie und Infektiologie zu verbinden, war die Ausbildung zum ABS-Experten der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. ABS steht für ›Antibiotic stewardship‹, eine internationale Initiative zur rationalen, sicheren und verantwortungsvollen Therapie mit Antibiotika im klinischen Alltag, um insbesondere der Bildung von multiresistenten Erregern entgegenzuwirken. Tobias Goldbach ist einer von 1.000 ABS-Experten in Deutschland und Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.

Wie Schmuckreinigung im Ultraschallbad

Dr. Goldbach und sein Team der septischen Abteilung folgen festgelegten diagnostischen Methoden, um die Erreger zu finden und spezifisch zu behandeln. »Hierfür gibt es Standards«, sagt der Oberarzt und nennt die Entnahme von Gewebe- und Flüssigkeitsproben zur Bestimmung der Entzündungserreger. »Einen besonderen Stellenwert«, so Goldbach, »hat bei uns die Sonikation.« Er vergleicht diese Methode mit der Schmuckreinigung im Ultraschallbad. Auf diese Weise werden auch mobile Bauteile von Prothesen wie Schrauben oder Platten gereinigt. Die werden dann zwar nicht wieder in das künstliche Gelenk eingesetzt, aber in der Flüssigkeit aus dem Ultraschallbad können die Entzündungserreger identifiziert werden.

Tobias Goldbach ist Hauptoperateur in der Klinik, in der auch etwa 200 Hüft- und Knieprothesen jährlich gewechselt werden – etwa ein Drittel davon bei Infektion. Hauptsächlich sei der Biofilm, der auf der Oberfläche von Kunstgelenken ›reift‹, für die Entzündungen verantwortlich, sagt er und erklärt: »Weil in dieser Schleimschicht von Mikroorganismen das Immunsystem nicht funktioniert, wandern die Erreger über den Blutweg und siedeln sich darin an. Dies führt zu Schmerzen und zur Lockerung der Prothese. Menschen haben mit zunehmendem Alter mehrere Krankheiten, deshalb wächst für sie das Risiko, längere Zeit nach der Operation noch eine Entzündung an der Prothese zu bekommen.« Goldbach empfiehlt deshalb vor einer OP beispielsweise eine prophylaktische Zahnarztbehandlung.

Hautkeime für viele postoperative Entzündungen verantwortlich

Für die zeitnahe postoperative Entzündung dagegen seien meistens die Hautkeime verantwortlich. »Trotz aller Maßnahmen zur Senkung der Keimlast durch OP-Vorbereitung und Antibiotikaprophylaxe ist der OP-Raum kein Reinraum. Von 1.000 Patienten bekommen circa zehn eine frühe Infektion. Das hängt eben auch mit der individuellen Konstitution der Patienten zusammen«, sagt der Oberarzt und dass es sogar ohne vorherige Operation zu Entzündungen von Gelenken, Wirbelkörpern, Bandscheiben, Weichteilen kommen könne. Diese Fälle werden ebenso im septischen Department behandelt

»Von 1.000 Patienten bekommen zirka zehn eine frühe Infektion.«

Zum geschulten Personal dieser Abteilung gehören neben dem Oberarzt eine Fachärztin und zwei Assistenzärzte. »Unsere Expertise wächst mit der steigenden Zahl an Zuverlegungen komplexer Fälle aus der gesamten Region – von der Altmark bis nach Halle«, sagt Dr. Tobias Goldbach.

Als mittelfristiges Ziel sieht Dr. Goldbach die Etablierung der septischen Chirurgie am Klinikum Pfeiffersche Stiftungen als Referenzzentrum im Land Sachsen-Anhalt sowie die zunehmende Kooperation mit anderen Kliniken und EndoProthetikZentren, um die Versorgung von Patienten mit infektiösen Erkrankungen des Bewegungsapparates weiter zu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie hier:
Webseite der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie

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